Das Oberlandesgericht Hamm hat in einer Entscheidung vom 24.09.2024 (Az.: 13 WF 105/24) grundlegende Klarheit zur Reichweite von Kontaktverboten in WhatsApp-Gruppen geschaffen.
Differenzierte Bewertung von Gruppennachrichten bei WhatsApp
Das Gericht unterscheidet dabei präzise zwischen verschiedenen Konstellationen:
- Bei kleinen Gruppen mit 3-4 Teilnehmern stellt bereits eine allgemeine Nachricht eine verbotene Kontaktaufnahme dar.
- Bei größeren Gruppen liegt ein Verstoß nur vor, wenn die geschützte Person direkt angesprochen wird oder sich bei objektiver Betrachtung persönlich angesprochen fühlen muss.
- Statusmeldungen sind grundsätzlich anders zu bewerten als Gruppennachrichten, da hier jeder Nutzer selbst entscheiden kann, ob er die Meldungen ansieht.
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eines WhatsApp Kontaktverbots
Das OLG betont in seiner Entscheidung die Notwendigkeit einer verhältnismäßigen Auslegung von Kontaktverboten. Ein pauschales Verbot jeglicher Gruppenkommunikation würde zu einer unangemessenen Einschränkung sozialer Kontakte führen. Bei einem gemeinsamen Bekanntenkreis nach einer Trennung muss ein ausgewogener Ausgleich zwischen dem Schutzbedürfnis der Betroffenen und der kommunikativen Freiheit der Beteiligten gefunden werden.
Voraussetzungen für weitergehende Verbote
Besonders bedeutsam ist die Feststellung des Gerichts, dass ein generelles Verbot von Gruppennachrichten einer ausdrücklichen Klarstellung im Gewaltschutzbeschluss bedarf. Die Gerichte können im Einzelfall die Teilnahme an WhatsApp-Gruppen untersagen, müssen dies aber explizit anordnen. Eine solche weitreichende Einschränkung muss im Beschluss klar formuliert sein.
Praktische Auswirkungen für die Rechtspraxis
Die Entscheidung hat erhebliche Bedeutung für die Praxis des Gewaltschutzes:
- Betroffene müssen allgemeine Nachrichten in größeren Gruppen grundsätzlich tolerieren
- Eine direkte oder indirekte persönliche Ansprache bleibt untersagt
- Bei der Formulierung von Gewaltschutzanordnungen ist künftig besondere Sorgfalt geboten
- Die Teilnahme an Großveranstaltungen kann nicht grundsätzlich untersagt werden
Bedeutung für die digitale Kommunikation
Die Entscheidung gewinnt zusätzlich an Relevanz vor dem Hintergrund der steigenden Nutzung sozialer Medien. Sie berücksichtigt die Realität der modernen Kommunikation und schafft einen praxistauglichen Rahmen für den Umgang mit digitalen Kontaktverboten.
Rechtsmittelbelehrung
Das OLG hat aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen. Die Entscheidung wird damit möglicherweise noch höchstrichterlich überprüft werden. Die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde beträgt einen Monat ab Zustellung des Beschlusses. Die Entscheidung markiert einen wichtigen Meilenstein in der Rechtsprechung zu digitalen Kontaktverboten und wird die künftige Praxis der Gewaltschutzverfahren maßgeblich beeinflussen.