Gültigkeit eines „Kneipentestaments“

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Ausgangslage


Testamente können notariell beurkundet – dann erhält der Rechtssuchende fachkundigen Rat und die Urkunde kann einen Erbschein ersetzen. Ein Testament kann auch handschriftlich abgefasst werden. Ein eigenhändiges und unterschriebenes Testament ist nach deutschem Recht gültig, gleich welches Erscheinungsbild es bietet.


Die Entscheidung des OLG Oldenburg (3 W 96/23)

Ein Gaststättenbesitzer hinterließ bei seinem Tode im Lokal einen sog. „Bestellzettel“ einer Brauerei, worauf er mit Datum und Unterschrift versehen notiert hatte: „…. kriegt alles“. Der Zettel fand sich hinter der Theke, wo auch nicht bezahlte „Deckel“ aufbewahrt wurden.


Bei der nur mit Vornamen genannten Person handelte es sich um die langjährige Lebensgefährtin des Erblassers, die für ihn auch in der Kneipe gearbeitet hatte. Sie legte den Brauereizettel dem Nachlassgericht zur Erteilung eines auf sie als Alleinerbin lautenden Erbscheins vor.


Dagegen wandten sich die nächsten Verwandten des Erblassers, welche einwandten, es handele sich vorliegend nicht um seine Handschrift, es sei auch nicht sicher, ob mit „….“ die Antragstellerin gemeint sei und in einem solchen Zettel sei doch kein Testierwille erkennbar, als letztwillige Verfügung sei er nicht wirksam.


Das zuständige Amtsgericht gab ihnen zunächst recht und wollte sie als gesetzliche Erben im Erbschein als Erbengemeinschaft ausweisen. Nicht so das OLG Oldenburg nach Beschwerde der Antragstellerin in seinem Beschluss vom 23.12.2023.

In den Gründen seines Beschlusses hielt das OLG fest, nach Betrachtung von handschriftlichen Vergleichsproben sei der Erblasser als Verfasser zu erkennen und in der Beweisaufnahme bestätigten Zeugen, dass er seine Partnerin immer nur mit „….“ angesprochen hatte. Zudem liege eine Testierwille auch bei der vorgefundenen Wortwahl vor. Dabei sei es nicht notwendig, einschlägige Begriffe wie „Testament“, „letztwillige Verfügung“, „letzter Wille“ oder „Erbe“, „Nachlass“, „Vermächtnis“ und „Legat“ zu gebrauchen. § 2247 BGB verlangt nichts weiter als eigenhändige Abfassung und Unterschrift als Voraussetzung für ein gültiges Testament.


Auch der Testierwille war vorliegend anzunehmen. Dieser grenzt ein Testament von einem bloßen Entwurf o. ä. ab. Es musste außer Zweifel stehen, dass der Erblasser die selbst erstellte Urkunde auch als verbindliche letztwillige Verfügung angesehen hat. Weist das Testament eine ungewöhnliche Form auf oder wird das Original nicht sorgfältig aufbewahrt, sind zwar strengere Maßstäbe bei der Prüfung anzustellen. Eine ungewöhnliches Papier als Unterlage für die Verfügung wie ein Zettel aus einem Werbeblock einer Brauerei allein lässt nach Ansicht des Gerichts aber nicht den Schluss zu, es handele sich um einen Entwurf.


Schlussendlich wurde der Lebensgefährtin der gewünschte Erbschein ausgestellt.


Im Ergebnis:


Ob Brauereizettel, Bierdeckel, Haftnotiz oder sonstiges: der Fachanwalt für Erbrecht hilft bei der Durchsetzung erbrechtlicher Ansprüche im Erbscheinsverfahren. Wird vor Testierung fachkundiger Rat eingeholt und der Notar um Beurkundung gebeten, lässt sich ein solches auch vermeiden.

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