Fortgeltung des in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft geschlossenen Erbvertrags nach Heirat und Scheidung

News concept with newspapers, Neuigkeiten

Schließen nicht miteinander verheiratete, nicht verlobte Paare einen Erbvertrag ohne Regelungen für den Fall einer späteren Eheschließung und noch späterer Scheidung, so gilt dieser fort, wenn genau diese familiären Ereignisse eintreten.


Der Fall
 

Die Erblasserin und ihr früherer Lebensgefährte schlossen im Jahr 1995 einen Erbvertrag, mit dem sie sich als gegenseitige Alleinerben einsetzten. Sie heirateten vier Jahre später und ließen sich schließlich 2021 scheiden. Der geschiedene Mann beantragte einen Erbschein, der ihn als alleinigen Erben ausweisen sollte. Dagegen wandte sich der Sohn der Erblasserin mit der Begründung, die Erbeinsetzung in dem Vertrag sei nach Eheschließung und Scheidung seiner Mutter unwirksam geworden und er habe sie beerbt.


Die Entscheidung
 

Der BGH bestätigte in seiner Entscheidung vom 22.05.2024 (IV ZB 26/23), dass der geschiedene Mann der Erblasserin alleiniger Erbe geworden sei. Dagegen spricht nach Ansicht des Gerichts nicht, dass nach den §§ 2279, 2077 BGB die Erbeinsetzung im gemeinsamen Erbvertrag unter den Eheleuten nach deren Scheidung ihre Wirksamkeit verloren habe. Anders als im Fall, wenn Eheleute oder Verlobte sich erbvertraglich binden und es später zur Scheidung kommt, bleibt die vertragliche Erbeinsetzung im vorliegenden Fall aufrechterhalten. Das Paar habe bei Vertragsschluss eine Ehe nicht erwogen und gleichwohl sei der Bedachte als Erbe eingesetzt worden. Bei Vertragsschluss sei es nicht der übereinstimmende Wille der Erblasserin und des Bedachten gewesen, dass die Erbeinsetzung des Erstversterbenden entfallen solle, wenn es zu einer späteren Heirat und Scheidung zwischen beiden käme. Selbst wenn die Erbeinsetzung des Lebensgefährten für die Erblasserin ebenso bedeutsam gewesen sein mag, wie in einer Ehe oder man mit dem Erbvertrag gedanklich das Fortbestehen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft im Einzelfall verknüpfte, so kann man nicht im Regelfall annehmen, dass nach der Scheidung Unwirksamkeit des Erbvertrags eintritt. Die Vielgestaltigkeit der nichtehelichen Lebensgemeinschaften hinsichtlich ihrer Ausgestaltung lasse diese Annahme nicht zu. Die gegenseitige Erbeinsetzung im Erbvertrag könne einer anderen Motivation unterlegen haben als die spätere Versorgung unter der Voraussetzung des Fortbestehens einer Partnerschaft oder späteren Ehe. Automatisch entfalle daher die Bindung des Vertrages nicht.


Fazit
 

Die gegenseitige Erbeinsetzung im Erbvertrag entfällt jedenfalls dann, wenn Verlobte oder Eheleute den Vertragsschluss herbeiführen und sich später scheiden lassen. Dies ist der Grundgedanke der §§ 2279, 2077 BGB. Wird aber in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ein entsprechender Erbvertrag geschlossen, ohne dass die Beteiligten sich auf eine geplante Ehe beziehen und die Möglichkeit einer Scheidung nicht darin thematisieren, kann es zu dem unerwünschten Ergebnis kommen, dass der Vertrag nach einer Scheidung aufrechterhalten bleibt und der frühere Ehepartner erbt. Diesen Fall muss man im Vertrag mitregeln. Der Fall zeigt auch erneut, dass man bei Änderungen in den persönlichen Verhältnissen letztwillige Verfügungen nochmals überprüfen lassen sollte.

Nach oben scrollen
wsr-logo